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Ausbildungsprämien-Programm erneut nachgebessert

Gast-Blog von Prof. Dr. Ralf Jahn

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Retten, was zu retten ist… Das Bundeskabinett hat am 17.3.2021 eine Ausweitung des Bundesprogramms „Ausbildungsplätze sichern“ beschlossen, das den Zugang von Unternehmen zum Programm verbessert und die ausgelobten Prämien deutlich verbessert. Lassen sich damit die Probleme am deutschen Ausbildungsmarkt lösen?

Hintergrund Ausbildungsprämien-Programm

Am 24.6.2020 hat das Bundeskabinett Eckpunkte für einen finanziellen Anreiz zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze beschlossen. Am 31.7.2020 wurde die Förderrichtlinie zur Umsetzung des Bundesprogramms vom zuständigen Ministerium veröffentlicht (Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“). Das Programm umfasst Ausbildungsprämien bei Erhalt des Ausbildungsniveaus, Ausbildungsprämie bei Erhöhung des Ausbildungsniveaus, Übernahmeprämie sowie eine Förderung bei Vermeidung von Kurzarbeit während der Ausbildung. Das Programm wurde im Dezember 2020 inhaltlich erweitert und bis 30.6.2021 verlängert. Die neuen Förderrichtlinien des BMAS/BMBF sind am 10.12.2020 in Kraft getreten – ich habe darüber berichtet. Jetzt hat das Bundeskabinett abermals eine Programm-Erweiterung beschlossen.

Was ändert sich jetzt?

Kernpunkte der am 17.3.2021 beschlossenen Programmverbesserung sind:

  • Antragsberechtigung: Zugang zum Programm erhalten jetzt auch Betriebe mit bis zu 499 Mitarbeitern, zuvor waren es bis 249 Beschäftigte. Bedingung ist nur noch mindestens ein Monat Kurzarbeit im Ausbildungsjahr 2020/21 oder – bezogen auf einen Monat – ein Umsatzrückgang von mindestens 30 %.
  • Verdopplung der Prämien: Betriebe mit gleich vielen Auszubildenden wie zuvor erhalten ab 1.6.2021 statt 2.000 Euro jetzt 4.000 Euro pro Auszubildendem. Wird die Anzahl erhöht, erhält das Unternehmen sogar 6.000 Euro.
  • Für Auszubildende in einer Verbundausbildung mehrerer Betriebe gibt es jetzt Prämien bis zu 450 Euro/Woche, maximal bis 8.100 Euro.
  • Ausbildung trotz Kurzarbeit: Wer trotz Kurzarbeit weiterhin ausbildet, erhält einen Zuschuss von 75 % der Ausbildungsvergütung, zusätzlich 50 % des Ausbildergehalts.
  • Lockdown-II-Sonderzuschuss: Kleinstunternehmen mit bis zu vier Beschäftigten, die wegen der Corona-Beschlüsse kaum oder gar nicht mehr arbeiten können, erhalten für jeden Auszubildenden einmalig 1.000 Euro.
  • Nachschulung von Auszubildenden: Auszubildende sollen vor der Abschlussprüfung durch zusätzliche Lehrgänge unterstützt und auf die Prüfung vorbereitet werden, um coronabedingte Ausbildungsrückstände aufzuholen.

Bewertung

Bereits im letzten Jahr ist die Zahl neuer Verträge in dualen Ausbildungsgängen in Deutschland deutlich um rund 12 % gesunken, hat der DIHK mitgeteilt. Das hat aber nichts mit Ausbildungsmüdigkeit der gewerblichen Unternehmen in Handwerk, Industrie, Handel und Dienstleistungen zu tun, sondern mit den Folgen demografischer Veränderungen und sinkender Schulabgänger-Zahlen, dem Trend zu einer akademischen Ausbildung an den Hochschulen und schließlich auch mit den Ungewissheiten der Corona-Pandemie und ihren wirtschaftlichen Folgen, die in einigen Branchen zu Zurückhaltung bei Investitionen und Beschäftigungsaufbau führen.

Wenn der Bund jetzt abermals rund 700 Mio. Euro in die Hand nimmt, um duale Ausbildungen anzuschieben, ist das ein gewaltiger finanzieller Kraftakt. Richtig hieran ist ohne Zweifel, das Programm jetzt auch auf Unternehmen mit bis zu 499 Mitarbeitern auszurollen statt – wie bisher – auf Betrieb mit bis zu 249 Beschäftigte zu begrenzen. Davon profitieren nicht nur größere mittelständische Unternehmen, sondern auch Ausbildungswillige, da größere Unternehmen größere Ausbildungskapazitäten haben als Klein- oder Kleinstbetriebe.

Mit einem kräftigen Schluck aus der finanziellen Pulle des Bundes allein ist es aber nicht getan, auch nicht in Zeiten der Corona-Pandemie. Denn schon vor der Krise war der sich abzeichnende Fachkräftemangel eines der zentralen Probleme der deutschen Wirtschaft. Schon vor Corona waren deshalb Unternehmen im eigenen Interesse gut beraten, durch Ausbildung beizeiten für den dringend benötigten eigenen Nachwuchs zu sorgen.

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben die Situation nur noch verschärft. Wenn im bundesweiten Lockdown seit Monaten die Arbeit in den Betrieben zwangsweise ruht, droht ein ganzer Ausbildungsjahrgang schon deshalb “unter die Räder” zu kommen, weil die praktischen Lehrinhalte nicht vermittelt werden können. Wenn das Hotel oder die Gastronomie zwangsweise geschlossen bleiben, kann sich der praktische Horizont des Koch-Azubis kaum über das gebratene Spiegelei hinaus entwickeln. Um aus diesem Dilemma herauszufinden, bedarf es einer gewaltigen gemeinschaftlichen Kraftanstrengung von Unternehmen, Kammern, Gewerkschaften und Berufsschulen im Rahmen der „Allianz für Ausbildung“: Bei der online-Berufsberatung und Angeboten zur Berufsorientierung oder der digitalen Organisation und Vermittlung von Ausbildungsinhalten, um nur einige Beispiele zu nennen.

Quellen:

Newsletter der Bundesregierung v. 18.3.2021: Newsletter Ausbildung aktuell

Beschluss Bundeskabinett v. 17.3.2021: Trotz Pandemie: Ausbildung soll sich lohnen (bundesregierung.de)

Corona-Ausbildungsprämien werden verlängert und ausgeweitet

Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ – Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)

Autor: Prof. Dr. Ralf Jahn

  • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
  • Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
  • Honorarprofessor an der Universität Würzburg

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