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Unpünktlichkeit: So reagieren Sie richtig auf Fehlverhalten Ihrer Azubis

Als Ausbilder:in werden Sie hin und wieder mit rechtlichen Fragen konfrontiert, die Sie schnell fundiert klären müssen. Manche Themen sind zudem heikel bzw. stellen im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen oftmals ein Problem dar. Eines dieser Themen kann das Fehlverhalten Auszubildender sein. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie in einem solchen Fall angemessen reagieren.

©iStock – Dmitrii Kotin

Unpünktlichkeit

Einige Ihrer Auszubildenden nehmen es mit der Pünktlichkeit nicht ganz so genau und kommen häufig oder sogar regelmäßig zu spät. Welche Möglichkeiten haben Sie in diesem Fall?

Ein Ausbildungsverhältnis ist ein zweiseitiges Rechtsverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten. Die Auszubildenden sind verpflichtet, sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Dazu gehört, dass sie die ihnen im Rahmen der Ausbildung aufgetragenen Arbeiten sorgfältig ausführen und ihnen erteilte Weisungen befolgen (§ 13 BBiG). Zu den Pflichten der Auszubildenden gehört es also auch, pünktlich im Ausbildungsbetrieb zu erscheinen.

So hart es klingt: Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist eine Verletzung des Ausbildungsvertrages, die vom Ausbildungsbetrieb nicht hingenommen werden muss. Doch im Hinblick darauf, dass ein Ausbildungsverhältnis nicht unbedingt als Arbeitsverhältnis, sondern nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung eher als ein Vertragsverhältnis besonderer Art mit Elementen eines Erziehungsverhältnisses betrachtet wird, sollten Sie nicht sofort scharfe Geschütze auffahren. Führen Sie zunächst ein Vier-Augen-Gespräch mit Ihrem Auszubildenden, in dem Sie ihn ermahnen. Ist der Auszubildende noch minderjährig, kann es sinnvoll sein, die Eltern mit einzubeziehen und diese beispielsweise zu dem Ermahnungsgespräch zu bitten. In diesem Gespräch sollte erklärt werden, dass ein Ausbildungsverhältnis eine ernste Sache ist und sich beide Parteien an Regeln halten müssen – und hierzu gehört ein pünktliches Erscheinen zum vereinbarten Arbeitsbeginn. Fruchtet dieses Ermahnungsgespräch nicht und bleibt der Auszubildende unpünktlich, können Sie darüber nachdenken, diesem Gespräch eine schriftliche Abmahnung folgen zu lassen.

Tipp:
Fertigen Sie über dieses Ermahnungsgespräch eine Gesprächsnotiz und bewahren Sie diese in der Personalakte des Auszubildenden auf. Rechtlich gesehen handelt es sich bei diesem Gespräch um eine Ermahnung, die für den Fall einer notwendigen Trennung vom Auszubildenden Bedeutung haben kann. Haben Sie eine schriftliche Abmahnung ausgesprochen, gehört auch diese in die Personalakte.

Wie viele Abmahnungen sollten Sie aussprechen, bevor Sie an eine Kündigung denken?

Im Hinblick auf den besonderen Rechtscharakter eines Ausbildungsverhältnisses mit Elementen eines Erziehungsauftrages und das im Regelfall junge Alter Auszubildender können bei leichteren Verstößen gegen den Ausbildungsvertrag drei Abmahnungen erteilt werden. Sofern die Abmahnungen keine Wirkung gezeigt haben, sollten Sie eine Kündigung auch wirklich aussprechen – sie machen sich sonst unglaubwürdig.

Tipp:
Diese Vorgehensweise empfiehlt sich nur in der ersten Hälfte des Ausbildungsverhältnisses, da Arbeitsrichter regelmäßig nicht bereit sind, eine Kündigung als wirksam anzusehen, wenn sich Auszubildende erst gegen Ende der Ausbildung dem „Schlendrian“ ergeben und z. B. nicht mehr pünktlich im Betrieb erscheinen.

Unregelmäßiger Besuch der Berufsschule

Ihr Auszubildender geht nicht regelmäßig zur Berufsschule oder kommt auch dort oftmals zu spät. Wie können Sie in diesem Fall reagieren?

Was das Zuspätkommen betrifft, empfiehlt sich die gleiche Vorgehensweise wie bei Unpünktlichkeit im Betrieb. Dies gilt grundsätzlich auch im Hinblick auf das „Schwänzen“ der Berufsschule. Versäumt der Auszubildende einen gesamten Berufsschultag, ist dies einem Ausbildungstag gleichzusetzen.

Zuspätkommen und Schwänzen der Berufsschule müssen Sie nicht hinnehmen. Ausbildungsbetriebe sind verpflichtet, den Auszubildenden für den Berufsschulunterricht von der Ausbildung im Betrieb freizustellen und auch für diese Zeit die Ausbildungsvergütung zu zahlen (§§ 15, 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG). Wenn der Auszubildende dann gleichwohl nicht zur Berufsschule geht, haben Ausbildungsbetriebe folgende Handlungsmöglichkeiten:

  • Sie können pro versäumten Berufsschultag 1/30 der Ausbildungsvergütung kürzen, da sich die Vergütung gemäß § 18 Abs. 1 BBiG nach Monaten bemisst. Bei der Berechnung der Vergütung für einzelne Tage wird jeder Monat – unabhängig
    von seiner Länge – mit 30 Tagen berücksichtigt.
  • Alternativ können Sie darauf bestehen, dass der ausgefallene Berufsschultag als Ausbildungstag nachgearbeitet wird.

Tipp:
Wollen Sie einen ausgefallenen Berufsschultag als Arbeitstag nacharbeiten lassen, sind die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften des § 3 Arbeitszeitgesetz bei volljährigen bzw. des § 8 Jugendarbeitsschutzgesetz bei minderjährigen Auszubildenden zu beachten.

Autorin: Rechtsanwältin Dr. Carmen Hergenröder, Referentin von Seminaren zum Berufsbildungs-, Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht sowie Lehrbeauftragte an der Technischen Hochschule Bingen. Seit Jahren schreibt sie für verschiedene juristische Verlage.

Quelle: wirAUSBILDER 2/2017

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