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Ausbildungsmarkt entkoppelt sich vom Arbeitsmarkt

Ausbildungsmarkt
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Auf der einen Seite Job-Boom, auf der anderen Seite duale Ausbildung in der Krise: Gerade die klassischen Ausbildungsberufe finden immer weniger Azubis. Der Ausbildungsmarkt hat sich vom Arbeitsmarkt entkoppelt.

Rekordtief bei der Azubizahl

Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) können 31 Prozent der Unternehmen ihre Ausbildungsplätze nicht mehr besetzen, weil sie nicht ausreichend Bewerbungen erhalten. Jedes vierte Unternehmen bekam sogar gar keine Bewerbungen mehr. Die Zahl der Azubis erreicht in diesem Jahr ein Rekordtief – trotz hoher Beschäftigungszahlen.

Arbeits- und Ausbildungsmarkt bewegen sich in verschiedene Richtungen

Vor diesem Hintergrund hat das soziologische Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) und das Institut für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung der Universität Göttingen im Auftrag der Bertelsmann -Stiftung untersucht, wie der Stand der Berufsausbildung gerade in den kleinen und mittleren Betrieben ist.

Fazit: Arbeit- und Ausbildungsmarkt in Deutschland bewegen sich in gegensätzliche Richtungen, sie entkoppeln sich. Dafür spricht z. B. ein Zuwachs an Beschäftigung von 12,1 Prozent von 1999 bis 2015. Im gleichen Zeitraum sank die Ausbildungsquote, die das Verhältnis zwischen Azubis und Beschäftigten darstellt, um 6,7 Prozent.

Trend verstärkt sich seit der Finanzkrise

Vor allem seit der Finanzkrise hat sich der Trend verstärkt, denn während im Krisenjahr 2008 auf 100 Beschäftigte noch 6,5 Azubis kamen, waren es 2015 nur noch 5,1 Azubis. Das lässt sich über alle Betriebsgrößen hinweg beobachten, allerdings lernen rund 70 Prozent der Auszubildenden in Deutschland bei den KMU.

Starker Rückgang bei Kleinbetrieben

So ist der Rückgang gerade bei den Kleinst- und Kleinbetrieben besonders stark: In Firmen mit bis zu fünf Angestellten sank die Zahl der Beschäftigten nur leicht, die der Azubis dafür um ein Drittel. Bei Betrieben mit bis zu 49 Mitarbeitern sank die Quote von 7,4 auf 5,8 Prozent. Die Gründe für die Entwicklung sehen die Beteiligten unterschiedlich.

Zu viele studieren, zu viele sind gering qualifiziert

Während Jörg Dräger, der Vorstand der Bertelsmann Stiftung die Betriebe in der Pflicht sieht, sich auf die Veränderungen einzustellen, sagt Eric Schweitzer, DIHK-Präsident, dass die Unternehmen schon wollen und suchen, aber nicht finden! Der Fachkräftemangel entwickelt sich zu einem Geschäftsrisiko für jedes zweite Unternehmen.

Der Grund mag auch darin liegen, dass immer mehr Jugendliche ein Studium beginnen, gleichzeitig aber auch die Zahl der zu gering Qualifizierten steigt. Insgesamt kommen zu wenige Jugendliche nach. Dazu kommen die regionalen Unterschiede – während 2016 in Bayern viele Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten, konnten in Nordrhein-Westfalen viele Bewerber nicht untergebracht werden.

Hilft mehr Mobilität bei den Jugendlichen?

Auch das Interesse an den Branchen ist unterschiedlich: Bäcker ist wenig gefragt, in den Einzelhandel wollen dagegen immer noch genug. Die Autoren der Bertelsmann-Studie fordern eine Unterstützung bei der Mobilität der Jugendlichen, damit Ausbildungsplätze überregional besetzt werden können. Auch die Berufsorientierung an den Schulen soll verbessert werden, damit Schüler schon früh einen Einblick in die Möglichkeiten der dualen Ausbildung erhalten. Nicht zuletzt müssen die Arbeitgeber sich attraktiver präsentieren und die Karrieremöglichkeiten nach der Ausbildung aufzeigen.

Quelle: Die Welt vom 28.07.2017

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