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So einfach wie Whatsapp, aber (Datenschutz-)sicher

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So verbessern Sie mit sozialen Netzwerken die Effizienz in der Ausbildungsabteilung, beachten den Datenschutz – und bringen nebenbei die digitale Transformation im Unternehmen voran.

Das Dilemma mit den sozialen Netzwerken

„Wie erreiche ich alle Azubis in meinem Betreuungsbereich zuverlässig, umfassend und bekomme bei Bedarf sehr schnell eine Rückmeldung, z. B. bei dringenden Terminverschiebungen?“ Kommunikation, die traditionell per Telefon und E-Mail erledigt wurde, wird zunehmend zum ineffizienten Unterfangen, weil die junge Generation der Azubis diese Kanäle immer seltener benutzt. Hingegen sind die Jugendlichen in den sozialen Netzwerken wie Instagram, WhatsApp, Snapchat etc. sehr aktiv und nahezu permanent erreichbar. Da liegt es nahe, dass Ausbilder über diese Kanäle mit den Azubis kommunizieren.

Bei Missachtung drohen Strafen für das Unternehmen

Doch hier ist Vorsicht geboten: Die meisten sozialen Netzwerke eignen sich nicht für die geschäftliche Kommunikation, da sie nicht konform mit den Regeln zum Arbeitnehmer- und Datenschutz sind. Seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung können Arbeitgeber bei Missachtung des Datenschutzes mit erheblichen Strafen belegt werden. Viele Unternehmen haben daher die geschäftliche Nutzung dieser Dienste untersagt.

Nicht nur die Arbeitseffizienz leidet

Im Umfeld der Ausbildungsbetreuung bleibt deshalb nur die Nutzung konventioneller Kommunikationskanäle, also E-Mail und Telefon. Darunter leidet nicht nur die Arbeitseffizienz, sondern auch das Ansehen der Ausbilder bei den Azubis, weil sie von der Generation der „Digital Natives“ als altmodisch und technikfeindlich wahrgenommen werden. Letztlich wird dieses negative Image auch auf das Unternehmen und seine Innovationsfähigkeit projiziert. Ausbilder stecken somit in dem Dilemma, den Bedürfnissen der Azubis gerecht werden zu wollen, aber den Anforderungen von Arbeitnehmervertretung und Datenschutz nachkommen zu müssen. Dadurch entsteht vereinzelt eine „Schattenkommunikation“: Der Ausbilder tritt z. B. mit einem der Azubis telefonisch in Kontakt und informiert ihn über ein bestimmtes Thema. Dieser wiederum gibt die Information in eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe der Azubis. Dieses Vorgehen ist natürlich kein akzeptabler Zustand.

Das WhatsApp-Problem

Eine Nachricht zu schreiben oder ein Foto zu teilen, dauert nicht lange und wird innerhalb kürzester Zeit vom Empfänger gelesen, unabhängig von Ort und Zeit. WhatsApp ist mittlerweile der dominierende Instant Messaging-Dienst. Seine Nutzung wird umso attraktiver, je mehr Leute im System angemeldet und erreichbar sind. Dieser sogenannte „Netzwerk-Effekt“ ist typisch für digitale Plattformen und soziale Netzwerke. Die Nutzer bezahlen für den kostenlosen Kommunikationsdienst nicht mit Geld, sondern mit ihren persönlichen Daten – ein profitables Geschäftsmodell für WhatsApp und Co. Während der Benutzung zieht die App sämtliche verfügbaren Kontaktdaten aus dem Smartphone des Anwenders ab und integriert die neuen, bisher unbekannten Kontakte in das konzernübergreifende Kontaktverzeichnis, um den vorher beschriebenen Netzwerkeffekt zu vergrößern. Dies ist vielen privaten Nutzern nicht bewusst oder nicht wichtig, denn für sie stehen der kostenlose Nachrichtendienst und die damit verbundenen Vorteile im Vordergrund.

Vermischung von Privat- und Geschäftsdaten

Was im Privatbereich jeder Nutzer selber verantwortet, wird im geschäftlichen Kontext zu einem massiven Problem, weil hier die Datenschutz-Grundverordnung zur Anwendung kommt. Sobald ein Arbeitgeber die Nutzung von WhatsApp für geschäftliche Zwecke freigibt, kommt es zu einer Vermischung von privaten und geschäftlichen Kontaktdaten, die von WhatsApp gleichermaßen gesammelt, gespeichert und auf Server in den USA weitergeleitet werden – ein klarer Verstoß gegen die Grundsätze der DSGVO.

Ausbildungsbereich ist “Hot Spot”

Hinzu kommt die Ungewissheit hinsichtlich der Datensicherheit: WhatsApp verwaltet die Kommunikationsinhalte auf Servern außerhalb Deutschlands, die nicht den deutschen Sicherheitsrichtlinien unterliegen und ggf. Dritten Zugriffsmöglichkeiten geben. Werden denn im Ausbildungsbereich überhaupt vertrauliche Unternehmensdaten über WhatsApp ausgetauscht? Diese Frage ist durchaus berechtigt, weil es in der Praxis meistens nur um rein organisatorische Dinge geht. Personenbezogene Daten, z. B. Adressen, Noten, Ausbildungsnachweise sollten zwar über andere Kanäle kommuniziert werden, doch allzu leicht lässt sich der Nutzer verleiten, jegliche Infos über WhatsApp zu kommunizieren. Der Ausbildungsbereich ist quasi ein „Hot Spot“ für die Nutzung von WhatsApp, weil die Azubis und dual Studierenden nicht nur innerhalb ihres Unternehmens tätig sind, sondern auch außerhalb, z. B. in der Berufsschule oder Hochschule, und abseits vom Arbeitsplatz sehr oft über den mobilen Messaging-Dienst kommuniziert wird.

Maßnahmen, die nicht funktionieren

Wie können Unternehmen dieses Dilemma aus Sicherheitsrestriktionen und Bedarf nach mobiler Kommunikation überwinden und wieder „auf Augenhöhe“ mit dem Zeitgeist und Stand der Technik kommen?

  • Die Ausgabe von Firmenhandys mit eigener Mobilfunknummer trennt die private und geschäftliche mobile Kommunikation strikt und umgeht so die Probleme mit DSGVO und WhatsApp. Diese Variante werden nur wenige Unternehmen wählen, da sie meist den Führungskräften und ausgewählten Beschäftigten im Unternehmen vorbehalten ist. Der interne Kommunikationsbedarf der Auszubildenden ist in der Regel zu gering, um einen eigenen Mobilfunkanschluss zu rechtfertigen und das Vertrauen, dass er ausschließlich für nicht-private Zwecke genutzt wird, ist nicht immer vorhanden.
  • Die Ausgabe von Tablets oder Notebooks mit Konnektivität zum Intranet des Unternehmens ist eine sehr teure Lösung – und weder effizient noch nachhaltig. Mit Tablet oder Notebook können sich die Azubis per VPN in das Firmennetz einloggen, um E-Mails oder Nachrichten zu lesen – also ein sicherer Kanal, aber teilweise etwas umständlich, wenn zur Authentifizierung Tokens und Security-Keys verwendet werden müssen. Leider veraltet Hardware sehr schnell, und in gleicher Weise nutzt sich das damit erhoffte positive Image des Unternehmens bei den jungen Leuten ab. Außerdem sind diese Endgeräte schlicht zu groß und unhandlich.
  • Die Nutzung des Instant Messaging-Dienstes im Intranet. Manchmal sind in den Office-Paketen zur Bürokommunikation bereits Messenger-Dienste enthalten, z. B. Microsoft Teams und Skype for Business. Der Vorteil ist die vollständige Integration in die Arbeitsumgebung im Büro. Mit dem Einloggen am PC-Arbeitsplatz ist der Mitarbeiter direkt im Messenger authentifiziert (SingleSign-On) und hat Zugriff auf alle Kontakte im Firmennetzwerk. Jedoch funktioniert diese Kommunikation nur innerhalb des Intranets, also unmittelbar am Desktop im Büro oder mit einer VPN-Verbindung von außerhalb. Wie bereits beschrieben, ist dies keine Lösung für das Kernproblem — der mobilen Erreichbarkeit der Azubis außerhalb des Büros.

Lösung mit Porsche und Betriebsräten entwickelt

Als technologieorientiertes Unternehmen angehende Auszubildende mit einem zeitgemäßen Kommunikationskanal anzusprechen, um als attraktiver und innovativer Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, war der Auslöser zur Entwicklung einer App für die Ausbildung bei der Porsche AG. In enger Zusammenarbeit mit dem Porsche-Betriebsrat entstand das Software-Tool „Flip“, das die Vorteile von sozialen Netzwerken mit den hohen Standards hinsichtlich Daten- und Arbeitnehmerschutz in Deutschland kombiniert.

100 % mobile first

Die Kommunikations-App wurde mit der Prämisse „100 % mobile first“ entwickelt. Sie vereint Funktionen von Facebook und WhatsApp, z. B. das Erstellen von Nutzergruppen und Postings, die von den jeweiligen Gruppenmitgliedern kommentiert und geliked werden können. Außerdem bietet sie eine Chat- sowie eine Kalenderfunktion. Die persönliche Telefonnummer der Nutzer wird nicht offengelegt, außerdem kann die App parallel auf beliebigen Endgeräten genutzt werden.

Die Porsche AG setzt aktuell das Software-Tool für rund 500 Auszubildende im Raum Stuttgart ein, weitere Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen (Handel, Banken, Versicherungen) nutzen die App mittlerweile auch.

Fazit

WhatsApp für geschäftliche Zwecke einzusetzen, verstößt gegen die DSGVO. Doch es gibt Lösungen made in Germany. Die Einführung eines sicheren, sozialen Netzwerks in der Ausbildung bietet ein datenschutzkonformes, mobiles Arbeiten. – Ein Wegbereiter ganz im Sinne eines „Unternehmen 2.0“ mit moderner Kommunikation und dynamischen Strukturen.

Autor: Prof. Dr.-Ing. Bernd Rall ist seit 2013 hauptamtlicher Professor und Leiter des Studiengangs BWL-Industrie (Industrial Management) an der DHBW Stuttgart. In dieser Funktion ist er in ständigem Austausch mit dual Studierenden und Ausbildungsunternehmen.

Quelle: wirAUSBILDER Magazin, Heft 2 2019, S. 6-9.

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