Experten-Interview: Persönlichkeitstypen im Ausbildungskontext
Vom beliebten Schubladendenken und wie es besser geht
Im Rahmen ihrer Tätigkeit hat sich Dr. Svenja Roch, verantwortlich für die Ausbildung und das duale Studium bei freenet, mit dem Thema Persönlichkeitstypen beschäftigt. Im Interview mit Melanie Schaal (wirAUSBILDER-Community-Managerin) verrät sie, warum das Thema aus ihrer Sicht für die Ausbildungsarbeit relevant ist. Zudem gibt sie allen, die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigen möchten, praktische Tipps an die Hand und verrät, was sie sich von Unternehmen für Ausbildende wünscht.
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Hallo Svenja, Du bist als Personalentwicklerin für die Ausbildung und das duale Studium bei freenet verantwortlich und hast Dich im Rahmen Deiner Tätigkeit mit dem Thema Persönlichkeitstypen beschäftigt. Warum ist das Thema aus Deiner Sicht für die Ausbildungsarbeit relevant?
Persönlichkeitstypen werden gerne genutzt, um den Umgang miteinander zu erleichtern. Wenn ich weiß, wie mein Gegenüber tickt, kann ich mich darauf einstellen. Auch viele Auszubildende interessieren sich für Selbstreflexionsthemen, und haben vielleicht sogar selbst schon mal einen Persönlichkeitstest gemacht.
Dabei wird die Persönlichkeit – die sehr individuell und komplex ist – bei diesen Typologien auf wenige Stereotype reduziert. Das heißt, wir stecken Menschen in Schubladen; und das kann zu Problemen führen. Das gilt auch in der Interaktion von Ausbilder:innen mit ihren Auszubildenden.
Besser wäre eine differenziertere Betrachtung der Persönlichkeit, um den Unterschieden zwischen Personen gerecht zu werden. Dafür gibt es übrigens auch kurze, kostenfreie Tests, die verschiedene Dimensionen der Persönlichkeit abbilden, ohne Typen zu erstellen. Diese Tests haben nur nicht so coole Namen oder einprägsame Farben für die Ergebnisse, und sind eher weniger bekannt.
Was sollten Ausbilder:innen unbedingt im Blick haben, wenn Sie ebenfalls das Thema angehen wollen? Hast du einen Tipp?
Wichtig ist aus meiner Sicht, sich nicht von einfachen Typenmodellen verleiten zu lassen. Denn diese sind in der Regel nicht wissenschaftlich fundiert, was dazu führt, dass ich mit ein und demselben Test an zwei Tagen zwei total verschiedene Ergebnisse erhalten kann.
Wenn ich mich jedoch auf ein Testergebnisse verlasse und mein Verhalten zum Beispiel in einem Gespräch mit jemandem danach ausrichte, welchem Persönlichkeitstyp ich die Person zuordne, kann das zu sehr unangenehmen Situationen führen. In diesem Fall rede ich nämlich gar nicht mehr mit der Person selbst, sondern mit einem Bild, das ich von dieser Person habe und das wahrscheinlich überhaupt nicht der Wirklichkeit entspricht.
Wenn ich trotzdem mit Persönlichkeitstypen arbeiten möchte oder Auszubildende mit „Testergebnissen“ zu mir kommen, kann ich diese als Basis für eine differenziertere Reflexion nutzen:
- Wie fühlt es sich an, dass mir dieser Typ zugeordnet wurde?
- Was daran sehe ich genauso? Wo nehme ich mich selbst anders wahr?
- Wie sieht es mit unterschiedlichen Situationen aus? Bin ich da der gleiche „Typ“ oder ein ganz anderer?
Mit solchen vertiefenden Fragen kann aus einer groben Typisierung ein Mehrwert geschaffen werden.
Hast Du einen Wunsch für Deine konkrete Ausbildungsarbeit oder auch für die Zukunft der Ausbildung im Allgemeinen?
Ich wünsche mir von Unternehmen, die Ausbilder:innen nicht nur auf der fachlichen Ebene zu unterstützen, sondern auch bezogen auf die zwischenmenschlichen Themen. Ihre Verantwortung umfasst so viel mehr als die Wissensvermittlung, worauf viele Ausbilder:innen nicht so gut vorbereitet sind. Hier helfen aus meiner Sicht die Wertschätzung und Förderung der Rolle kombiniert mit vielfältigen Weiterbildungsangeboten. Das wiederum erfordert zeitliche Freiräume, die letztlich nur im Team gemeinsam ermöglicht werden können.
Vielen Dank für das spannende Interview! Ich freue mich auf Deinen Live-Impuls am 05. November.
Da freue ich mich auch schon drauf. Vielen Dank.
Erfahren Sie mehr von Dr. Svenja Roch…
… bei der wirAUSBILDER ONLINE-KONFERENZ am 05. und 06. November 2025!
Die Inhalte:
- Mythos der Persönlichkeitstypen
- Probleme beliebter Persönlichkeitstests
- Unterscheidung von Typen und Dimensionen bei der Persönlichkeitsdiagnostik
- Nutzen von Persönlichkeitstests im Ausbildungskontext – Vorteile für Ausbilder:innen und Azubis
Gemeinsam diskutieren wir über dieses und viele weitere spannende Themen!
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Anmerkung der Redaktion: Das Interview basiert auf der zugehörigen Video-Aufzeichnung und wurde in Auszügen verschriftlicht.