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Ermahnung, Abmahnung, Kündigung eines Azubis

Auch wenn die Auszubildenden gewissenhaft ausgewählt wurden: Es lässt sich nicht vermeiden, dass in der Berufsausbildung auch mal etwas schiefgeht. Sie als Ausbilder:in müssen den richtigen Weg zwischen Strenge und Nachsicht finden. Vieles, aber nicht alles müssen Sie dulden.

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Als Mittel stehen Ihnen die Ermahnung, Abmahnung oder Kündigung eines Azubis zur Verfügung. Lesen Sie hier, wie Sie mit Pflichtverstößen des Nachwuchses rechtssicher umgehen.

In 3 Schritten zurück “in die Spur”

1. Gespräch

Wenn es Probleme gibt, sollten Sie als erstes das Gespräch suchen. Klären Sie gemeinsam mit Ihrem Auszubildenden den Sachverhalt. Dokumentieren Sie die Inhalte des Gesprächs.
Wenn Sie im Ergebnis z. B. eine Einigung für die Zukunft vereinbaren, lassen Sie den Azubi diese Vereinbarung unterschreiben. Damit unterstreichen Sie, dass es Ihnen ernst ist.

2. Ermahnung

Haben Sie mit dem persönlichen Gespräch keinen Erfolg erzielen können, dann greifen Sie zur Ermahnung. Die Ermahnung ist eine schriftlich dokumentierte Warnung, bei der Sie dem Auszubildenden – im Gegensatz zu einer Abmahnung – noch nicht mit einer Kündigung für den Wiederholungsfall drohen.

Achtung: Die Ermahnung ist zwar ein häufig eingesetztes und sinnvolles Mittel, sie ist aber rechtlich ohne Bedeutung. Wenn es sich um ein abmahnungsfähiges Verhalten handelt, wie z. B. häufiges Zuspätkommen,
dann dürfen Sie auch gleich zur Abmahnung greifen.

>> Download Musterschreiben Ermahnung wegen verspäteter Krankmeldung.

3. Abmahnung

Die Abmahnung ist die „gelbe Karte“ im Berufsausbildungsverhältnis.
Die Abmahnung unterscheidet sich von der Ermahnung dahingehend, dass Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen. Mit einer Abmahnung bringen Sie Ihre Missbilligung eines Verhaltens zum Ausdruck und drohen mit Rechtsfolgen, falls der Azubi sein Verhalten nicht ändert.

Auf eine Abmahnung dürfen Sie nur in Ausnahmefällen verzichten, z. B. wenn es zu einem sexuellen Übergriff im Betrieb kam, eine schwere Drogenabhängigkeit besteht, Kundeneigentum gestohlen wurde, Tätlichkeiten gegenüber Kollegen ausgeübt wurden, die Arbeitsunfähigkeit nachweislich vorgetäuscht wurde, rassistische Parolen verbreitet werden usw.

>> Download Musterschreiben Abmahnung wegen häufigen Zuspätkommens.

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Wenn nichts mehr geht: Aufhebungsvertrag

Wenn Sie sich mit Ihrem Azubi dahingehend einig sind, dass das Berufsausbildungsverhältnis vor der Abschlussprüfung enden soll, dann schlagen Sie den Abschluss eines Aufhebungsvertrags
vor.

Wichtig: Achten Sie darauf, dass der Aufhebungsvertrag schriftlich fixiert wird – ein Abschluss per Handschlag ist unwirksam. Ist ein Auszubildender noch minderjährig, brauchen Sie auch die Unterschriften seiner gesetzlichen Vertreter.

Musterformulierung:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Ausbildungsverhältnis des Auszubildenden … mit Ablauf des … endet.
2. Bis zum … wird der Auszubildende bei Fortzahlung seiner Vergütung unter Anrechnung auf etwaige Urlaubsansprüche freigestellt.
3. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle etwaigen gegenseitigen finanziellen Forderungen abgegolten.

Kündigung während der Probezeit

Während der Probezeit, die mindestens einen Monat betragen muss und höchstens vier Monate betragen darf, kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden (§ 22 Abs. 1 BBiG). Wenn ein Tarifvertrag Anwendung findet, darf die Probezeit höchstens drei Monate andauern.

Tipp:
Vereinbaren Sie auf jeden Fall eine Probezeit, damit eine unkomplizierte Trennung zumindest in der Anfangsphase möglich ist. Eine Kündigung während der Probezeit muss nicht begründet werden.

Kündigung nach der Probezeit

Nach Ablauf der Probezeit kann der Auszubildende das Ausbildungsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen ordentlich kündigen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG). Der Auszubildende muss im Kündigungsschreiben seine Kündigungsgründe nennen.

Tipp: 
Beachten Sie, dass minderjährige Auszubildende nicht ohne Einverständnis der Erziehungsberechtigten kündigen können.
Sie als Ausbilder:in dürfen eine Kündigung nach der Probezeit nur noch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aussprechen und zwar fristlos. Eine fristgerechte Kündigung ist während der Ausbildung ausgeschlossen.

Die Arbeitsgerichte stellen an den wichtigen Grund, der ein Ausbildungsverhältnis beenden soll, besonders hohe Anforderungen. Insbesondere prüfen die Arbeitsgerichte, ob die Kündigung wirklich das letztmögliche Mittel war.

Die Ausbildungszeit wird häufig als „Erziehungszeit“ gesehen und von Ihnen wird verlangt, dass Sie ausreichend Gespräche, Ermahnungen, Abmahnungen usw. eingesetzt haben, bevor Sie zur Kündigung greifen. Deshalb: Ohne Abmahnung geht in der Regel gar nichts. Und: Ist der Azubi minderjährig, müssen auch seine gesetzlichen Vertreter die Abmahnung erhalten.

Die folgenden Gründe können geeignet sein, das Ausbildungsverhältnis vorzeitig zu beenden:

  • rassistische Tätlichkeiten und Handlungen,
  • wiederholte Verbreitung neonazistischer Thesen,
  • schwere Beleidigungen,
  • Tätlichkeiten im Betrieb,
  • Diebstahl,
  • beharrliche Verweigerung, ein ordnungsgemäßes Berichtsheft (Ausbildungsnachweis) zu führen,
  • beharrliches und wiederholtes Schwänzen des Berufsschulunterrichts,
  • Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit,
  • wiederholter Verstoß gegen die Schweigepflicht.

Lesen Sie auch: Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht: Kündigung möglich?

Folgendes Verhalten reicht nicht für eine Kündigung aus:

  • Mangelhafte Leistungen in der Berufsschule,
  • einmaliges Schwänzen des Unterrichts,
  • freches oder unverschämtes Auftreten auch gegenüber Kunden, Geschäftspartnern usw.

Solches oder ähnliches Fehlverhalten kann erst dann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn trotz aller „Erziehungsversuche“ keine Besserung eintritt oder trotz aller Ermahnungen das Erreichen des Ausbildungsziels völlig ausgeschlossen erscheint. Immer ist bei der Entscheidung, ob wirksam gekündigt werden kann, das jugendliche Alter und die geistige Reife des Auszubildenden in die Interessenabwägung mit einzubeziehen.

Formvorschriften im Falle der Kündigung

Sollte es zur fristlosen Kündigung kommen, müssen einige Formvorschriften beachtet werden: Sie müssen innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes schriftlich kündigen.

Innerhalb dieser zwei Wochen muss die Kündigung dem Auszubildenden zugehen und bei minderjährigen Auszubildenden muss die Kündigungserklärung auch dem Erziehungsberechtigten innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zugehen.
Wichtig ist auch, dass die Kündigungsgründe hinreichend dargelegt werden. Verzichten sie auf pauschale, schlagwortartige Formulierungen in der Kündigung wie „… hat sich immer schlecht benommen …“ oder „… die Leistungen genügen nicht den Anforderungen …“.
Achten Sie auch darauf, dass besonders hohe Anforderungen an eine Kündigung kurz vor Ende der Ausbildung gestellt werden. Es gilt der Grundsatz: Je länger die Ausbildung angedauert hat, desto schwieriger ist die Kündigung. Wenn die Ausbildung nur noch 12 Monate oder noch kürzer andauern wird, ist eine Kündigung quasi ausgeschlossen. Je länger der Azubi bereits ausgebildet wurde, desto umfangreicher ist sein Schutz vor Kündigungen, so die ständige Rechtsprechung. Oder umgekehrt ausgedrückt: Je kürzer die noch bevorstehende Ausbildungszeit ist, desto eher kann man Ihnen als Ausbilder zumuten, dass Sie die Ausbildung noch zu Ende bringen.

Minderjährige Auszubildende

Ist der Auszubildende noch nicht volljährig, können Sie als Ausbilder eine Kündigung nur gegenüber seinem gesetzlichen Vertreter wirksam erklären. Dabei wird der Minderjährige grundsätzlich von beiden Elternteilen gemeinsam vertreten. Um hier im Zweifel keine Fehler zu machen, empfiehlt es sich, eine Kündigung von minderjährigen Auszubildenden immer gegenüber beiden Elternteilen zu erklären.

Fazit

Der Gesetzgeber hat hohe Hürden gesetzt, die bei der Kündigung eines Azubis – zumindest nach der Probezeit – beachtet werden müssen. Bevor Sie sich also auf diesen „Kampf“ einlassen, sollten Sie immer zunächst das Gespräch suchen. So können Sie der Sache auch besser auf den Grund gehen und vielleicht gemeinsam erarbeiten, was verändert werden kann.
Häufig liegen die Ursachen für ein Fehlverhalten auch im privaten Umfeld. Vielleicht können Sie als Ausbilder Hilfe leisten.

Autorin: Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa ist Rechtsanwältin in Feldafing am Starnberger See. Sie ist Autorin zahlreicher Bücher und Beiträge in Fachzeitschriften und als Dozentin tätig. www.rechtsanwalt-feldafing.de

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Quelle: wirAUSBILDER 1.2016

 

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